Rise of the Ronin - Test/Review
Team Ninja wagen mit Rise of the Ronin endlich einen Schritt nach vorne. Mit den bereits hervorragenden Spielen der Nioh-Reihe oder dem starken Wo Long haben sie bereits mehrfach unter Beweis gestellt, dass großartige Kampfsysteme genau ihr Ding sind.
Von Timm Woita am 07.04.2024 - 06:03 Uhr

Fakten

Plattform

PlayStation 5

Publisher

Sony Interactive Entertainment

Entwickler

Team Ninja

Release

22.03 2024

Genre

Action-Adventure

Typ

Vollversion

Pegi

16

Webseite

Preis

79,99 Euro

Media (7)

Nächste große PS-Highlight?


Team Ninja wagen mit Rise of the Ronin endlich einen Schritt nach vorne. Mit den bereits hervorragenden Spielen der Nioh-Reihe oder dem starken Wo Long haben sie bereits mehrfach unter Beweis gestellt, dass großartige Kampfsysteme genau ihr Ding sind. Aber was kann Rise of the Ronin und wie schlägt es sich gegen einen der großen Abschiedstitel der PS4-Ära?

Kein Fantasy, dafür ausgeschmückte Realität


Ein ganz großer Unterschied zu den bisherigen Team Ninja-Spielen liegt vor allem im Setting. Wo in Nioh und Wo Long noch eine Magie- und Intrigen-gespickte Fantasygeschichte als Hintergrund diente, spielt Rise of the Ronin in einem realen Setting. Heißt, es gibt keine Oni oder andere Monster, keine Magier oder Schutzgeister. Rise of the Ronin spielt in einer der schwierigsten politischen Phasen der japanischen Geschichte. Genauer gesagt ist es das letzte Jahr der Edo-Zeit, in der das Tokugawa-Shogunat mit eiserner Hand über seine Bevölkerung herrscht und die Schiffe des Westens im Land der aufgehenden Sonne anlegen, um Bündnisse und Intrigen zu schmieden. Das sorgt natürlich für eine gespaltene Bevölkerung und sorgt für den passenden Nährboden, den Nationalisten brauchen, um dem Shogunat den Krieg zu erklären. In all diesen Konflikten werden dann auch wir geworfen. Wir sind Zwillingsklingen, ein Team aus zwei bestens ausgebildeten Samurai, beziehungsweise Onna-Musha (ein weiblicher Samurai). Das kann der Spieler nämlich selbst entscheiden. Zu Beginn können wir nämlich beide Charaktere ganz nach unseren eigenen Vorlieben erstellen. Der Charaktereditor ist dabei sehr umfangreich und lässt uns viele Optionen, was Körperbau und -merkmale angeht, offen. Sollte man mal keine große Lust auf eine eigene Kreation haben, besteht auch die Möglichkeit, sich Vorlagen anderer Spieler herunterzuladen und diese zu nutzen. Nachdem wir uns zwei Alter Egos erschaffen haben, wählen wir noch ihre Startattribute (und damit auch die bevorzugten Waffen) aus und stürzen uns in unser erstes Abenteuer. Die erste Mission dient als Tutorial, wobei wir ein amerikanisches Schiff infiltrieren und den Kapitän töten sollen. Bereits im Tutorial zeigt sich, dass Rise of the Ronin schon ab dem mittleren der drei Schwierigkeitsgrade ein absolut knackiges Spiel ist. Die Kämpfe sind geprägt vom Abwehren, Ausweichen und Angreifen im richtigen Moment. Rise of the Ronin ist ein typisches Souls-like Spiel aus dem Hause Team Ninja. Knackig, in Bosskämpfen extrem herausfordernd, aber jederzeit schaffbar. Nachdem wir in unserer ersten Mission gleich eine deftige Niederlage kassiert haben, fängt Rise of the Ronin auch sehr schnell an, seine Qualitäten zu entfalten. Denn die Story ist gerade durch den Wegfall einer Fantasy-Komponente wesentlich greifbarer. Sie ist sehr wendungsreich erzählt und lässt uns verhältnismäßig viel Spielraum für eigene Entscheidungen. Denn nach kurzer Zeit gibt es verschiedene Missionsgeber, die entweder Pro-Shogunat oder Anti-Shogunat sind. Häufig können wir die gleiche Mission mit anderem Ziel erledigen und beeinflussen so die Geschehnisse, aber auch die Verbündeten, die uns helfen, sowie das Ende der gesamten Geschichte. Die vielen Zwischensequenzen fallen an sich sehr gut aus, wirken aber teilweise in Deutsch und Englisch nicht gut synchronisiert. Es kommt oft eher das Feeling auf, dass die Geschehnisse von den Gesprächspartnern eher beiläufig kommentiert werden oder sie eigentlich doch gar nichts damit zu tun haben. Daher empfehle ich das Spiel auf Japanisch mit deutschen Untertiteln zu spielen.

Grandioses Kampfsystem und ein Fortschritt mit Grenzen


Kommen wir erstmal zu dem, was schon die Nioh-Spiele und Wo Long so gut gemacht hat: das Kampfsystem. Hier spielt Team Ninja in meinen Augen einfach auf einem ganz anderen Level und gibt mir eines der besten und durchdachtesten Kampfsysteme, das ich kenne. Wie in Nioh gibt es auch in Rise of the Ronin verschiedene Waffentypen. Ganz typisch wären Waffen wie das Katana, aber auch Odachi und sogar Säbel oder Bajonette sind im Bereich der Nahkampfwaffen vertreten. In Rise of the Ronin hat jeder Waffentyp Vor- und Nachteile gegenüber anderen Waffentypen. Diese können dann durch verschiedene Kampfstile, welche im Laufe des Spiels gelernt und gelevelt werden, ausgeglichen werden. Es ist unabdingbar, bei mehreren Gegnern immer wieder die Kampfstile zu wechseln, um so das Maximum an Vorteilen herauszuholen. Wie oben bereits angesprochen, ist das auch bereits ab dem zweiten der drei Schwierigkeitsgrade Pflicht. Was aber noch viel wichtiger ist, ist das Erlernen des Konterfunken, beziehungsweise das Erlernen des richtigen Timings. Der Konterfunke ist unser Parrymove. Hiermit können wir Haltungsschäden verursachen, welcher die Ausdauer, auch Ki genannt, des Gegners begrenzen. Hat der Gegner dann keine Ausdauer mehr, ist er offen für einen extrem starken kritischen Angriff, der die Lebensleiste sehr schnell schmelzen lässt. Das kann aber in beide Richtungen gehen, denn sollten wir kein Ki mehr haben, wir sind für kurze Zeit wehrlos. Gerade in den Bosskämpfen ist es nochmal bedeutsamer, diese Art des Kämpfens zu verinnerlichen, da die Fähigkeiten der Bosse doch merklich über denen der normalen Schergen liegen und große Lücken in Sekunden geschlossen werden können. Natürlich gibt es noch die Möglichkeit auszuweichen, dies klappt aber nur mittelmäßig gut, wenn ein Boss sich wie ein Zyklon dreht und einem immer wieder das Odachi ins Gesicht zimmert. Wenn man Kämpfe im Stile von Nioh gewohnt ist, in denen man es mit großen Dämonen und mächtigen Monstern zu tun bekommt, wirken die Kämpfe insgesamt recht unspektakulär, fühlen sich nach einem Sieg aber trotzdem extrem zufriedenstellend an. Zum Glück gibt es aber noch zwei weitere Möglichkeiten, um sich der Gegner zu erwehren. Da wäre einmal der Fernkampf mit Bogen und Gewehren, aber vor allem der Stealth-Modus. Hierbei schleichen wir durch Gebüsche und erklimmen Gebäude, um Gegner dann mit unserem Enterhaken zu uns zu ziehen, oder gleiten mit unserem Gleiter über sie hinweg, um sie lautlos zu meucheln. Nicht ehrenvoll, aber bei der Menge an Gegnern ein sehr probates und vor allem kreatives Mittel. Natürlich gibt es auch in Rise of the Ronin einen Talentbaum der sich in unterschiedliche Bereiche aufteilt. Neben Stärke gibt es noch Intelligenz, Geschicklichkeit und Charisma. Jeder Bereich hat Elemente, die bereits aus vielen anderen Spielen bekannt sind, wie zum Beispiel das Erhöhen des Schadens, aber es gibt auch einige wirklich sinnvolle Fähigkeiten, wie das oben beschriebene Greifhaken-Manöver oder, ganz besonders wichtig, die Möglichkeit neue Dialogoptionen freizuschalten. Das kann dazu führen, dass man Kämpfen aus dem Weg geht oder zusätzliche Belohnungen kassiert. Was die Belohnungen angeht, geizt auch Rise of the Ronin wieder nicht mit einer Flut an Ausrüstungsgegenständen. Man wird mit so viel unterschiedlichen Loot überhäuft, dass man eigentlich die Qual der Wahl haben sollte, aufgrund der teilweise aber nur marginalen Unterschiede in den Stats eigentlich nur die legendäre Ausrüstung wirklich sinnvoll ist - und selbst diese werden einem fast schon hinterhergeworfen. Einen echten Fortschritt macht aber die Spielwelt. Waren es in den anderen Titeln von Team Ninja meistens weitläufige Level, hat man sich für Rise of the Ronin an eine Open World gewagt. Die Open World ist an sich wirklich schön gestaltet und gerade, wenn man an den Klippen kurz vor Yokohama entlang reitet, zeichnen sich bereits wunderschöne Kulissen ab. Es gibt viele unterschiedliche “Distrikte”, welche sich erkunden lassen. Dabei gibt es einiges zu entdecken. Neben Dörfern, die von Banditen überfallen wurden und befreit werden wollen, können wir Schreine und flüchtige Verbrecher jagen. Man merkt aber auch, dass dies der erste Schritt von Team Ninja im Bereich der Open World ist, denn nachdem man die wichtigsten Sehenswürdigkeiten entdeckt hat, wirken viele Bereiche doch sehr leer. Es gibt kaum Zufallsbegegnungen mit Banditen oder anderen Samurai, wie es in einem Ghosts of Tsushima der Fall war. Ganz im Gegensatz dazu stehen dann die drei großen Städte in Rise of the Ronin. Hier wuseln die Menschen über die Straßen, gehen Beschäftigungen nach und reagieren auf unsere Handlungen. Außerdem werden die großen Hauptmissionen weiter in instanzierten Leveln abgespult, die weniger Platz bieten und mit einem “Du verlässt den Missionsbereich in X Sekunden” eine unsichtbare Mauer aufbauen. Das fühlt sich für mich leider nicht richtig an und ist auch nicht gut gelöst. Positiv ist, dass man in die Hauptmissionen nicht alleine aufbricht, sondern entweder bis zu zwei NPCs anheuert oder sie mit seinen Freunden erlebt. Gerade Spiele wie Marvel’s Spider-Man 2 haben vorgemacht, wie eine wirkliche Open World funktioniert und implementiert werden muss, ohne dass man von nervigen Menüs aus dem Spiel gerissen wird. Hier wünsche ich mir für den nächsten Titel aus dem Hause Team Ninja einfach ein bisschen mehr Liebe zum Detail und eine etwas lebendigere Spielwelt.

Japan ist schön, aber nicht das schönste


Die Grafik ist gut. Im Bereich der Kulissen sogar sehr schön. Aber gerade für einen PS5-exklusiven Titel spielt Rise of the Ronin leider nicht auf dem gleichen Level wie Horizon Forbidden West oder das vorher erwähnte Ghosts of Tsushima. Während die Kämpfe wirklich gut aussehen und gerade im (empfehlenswerten) Framerate-Modus auch flüssig laufen, fällt vor allem in den Zwischensequenzen die eher statisch wirkende Mimik und Gestik der Charaktere auf. Insgesamt wirkt das Grafikgerüst doch recht angestaubt. Was dafür aber absolut passt, ist die Soundkulisse. Das brutale Klirren der Klingen im Moment des perfekten Konterfunken, die passende musikalische Untermalung in Form von traditionellen japanischen Instrumenten während der Kämpfe und die Geräusche der Tiere und des Windes beim Durchreiten der Spielwelt. Hier passt alles zusammen und sorgt auch so für einen ordentlichen Sprung nach oben, was die Atmosphäre angeht.

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